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Das Inter-Religio Projekt

 

„Wes’ Land, des’ Religion“ – diese Regel, die einen der großen mitteleuropäischen Religionskriege beendete, gilt heute längst nicht mehr. Nicht nur ist Religion inzwischen viel mehr Privatsache als Sache eines Herrschers, die geographische Verteilung von Religionszugehörigkeit ist durch Internationalisierung und Migrationen längst nicht mehr so eindeutig, wie sie vielleicht einmal war. So ist Begegnung zwischen Menschen verschiedener Religionen inzwischen Alltag. Und in den Begegnungen wird der private Charakter der religiösen Überzeugungen eben doch in Richtung eines öffentlichen verschoben, wenn diese Überzeugungen denn nicht völlig ohne Konsequenzen für den jeweiligen Menschen bleiben. Sie sind im Zusammenleben Thema, ob wir sie thematisieren oder nicht, im Großen wie im Kleinen.

Deshalb setzt sich das Projekt INTER•RELIGIO mit den vielfältigen – und teilweise widersprüchlichen – Entwicklungen in diesem Gefüge vor allem der drei großen monotheistischen Religionen auseinander. Historisch gewachsenes Zusammenleben verschiedener Religionen steht sich bildenden „Parallelgesellschaften“ gegenüber, die Teilnahme der Religionen am zivilen Leben einer zunehmenden Säkularisierung, der interreligiöse Dialog Tendenzen zur Radikalisierung. Das Projekt will sich durch wissenschaftlichen Austausch, exzellente Forschung, Ausbildung und Innovation diesem Spannungsfeld stellen und Orientierung in ihm bieten.

Bei INTER•RELIGIO kooperieren Bildungsinstitutionen dreier Länder: Frankreich, Deutschland und die Schweiz. Das Projekt arbeitet in einer grenzüberschreitenden, europäischen Perspektive und verbindet fünf europäische Universitäten – die Universitäten in Strasbourg, Heidelberg, Tübingen, Basel und Freiburg – und ein privates Hochschulinstitut – die Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg – in der Region Oberrhein. Das Projekt finanziert sich im Rahmen des Programms INTERREG V Oberrhein. Dieses wird zur Hälfte von der Europäischen Union aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Im Januar 2017 hat es seine Arbeit aufgenommen, auf Seiten der Heidelberger Fakultät nehmen die Proff. Eurich, Lienhard, Oeming und Stoellger daran Teil, Projektmitarbeiter ist Dr. Hendrik Stoppel.

Ausgehend von den Universitäten rückt das Projekt Forschung und Lehre in den Vordergrund. Die gesetzten Schwerpunkte sind dabei, der interreligiösen Pluralität ein wissenschaftliches Fundament zu geben, die gemeinsamen Elemente herauszustellen, welche die tatsächliche Annäherung zwischen den Religionen fördern und eine bessere Integration von religiösen Gruppen in die Gesellschaft zu erreichen.

Im Bereich der Forschung arbeiten im Rahmen des Projektes drei spezialisierte europäische Forschungsgruppen: zum rechtlichen und wissenschaftstheoretischen Status der Theologie an staatlichen Universitäten, zur Methodik der Auslegung heiliger Schriften und zu den Prinzipien und Grundlagen des interreligiösen Gesprächs. Aus den Forschungsgruppen und den von ihnen veranstalteten Tagungen gehen wissenschaftliche Veröffentlichungen hervor, die sowohl in die Öffentlichkeit wirken als auch Inhalte für die angestrebte Lehre zu reflektieren und zu entwickeln.

Die Inhalte finden ihre Anwendung in der Ausbildung in zwei von den jeweiligen Universitäten angebotenen Abschlüssen: einem Zertifikatsangebot im Weiterbildungsbereich, das sich an alle an interreligiösen Fragen Interessierte innerhalb und außerhalb der Universität – auch Berufstätige und Ehrenamtliche – richtet und einem europäischen Masterstudiengang, der einen Bachelorabschluss im Bereich der Theologie bzw. der Geisteswissenschaften voraussetzt. Dieser Studiengang wird gerade an den jeweiligen Universitäten sukzessive eingeführt. Der Prozess der Erarbeitung eines gemeinsamen Masters ist dabei schon für sich genommen eine lehrreiche Erfahrung und bietet tiefe Einblicke in die jeweiligen Wissenschaftslandschaften und -kulturen.

Mit den dauerhaft etablierten Abschlüssen sollen nach dem Abschluss des Projektes im Dezember 2019 nachhaltig wirkende Strukturen und Netzwerke zur Erforschung und wissenschaftlichen Vermittlung von Fragen des interreligiösen Dialogs geschaffen sein, die auch über den universitären Bereich hinaus gesellschaftlich wirksam sind.

 

Formen und Funktionen der Interreligiosität – internationale Fachtagung am 4.10.-5.10.18 in Heidelberg

 

Am 4. und 5. Oktober fand in Heidelberg die erste Fachtagung des Projektes Inter-Religio unter dem Titel „Formen und Funktionen der Interreligiosität“ statt. Die international besetzte Tagung diente nicht zuletzt auch der inhaltlichen Vorbereitung des geplanten Masterstudiengangs „Interreligiöse Studien“ an der Theologischen Fakultät.

 

Gemeinsamer Studientag in Heidelberg am 3.5.2018

 

Am 3. Mai diesen Jahres fand der erste gemeinsame Studientag der Teilnehmer der CAS-Programme zum Thema „Identitätsfragen religiöser und diakonischer Gemeinschaften in der Region Oberrhein“ statt. Da dieses bisher nur in Straßburg bereits begonnen hat, gestaltete es sich dieses Mal als Zusammentreffen einer ausgesprochen motivierten französischen Gruppe mit persönlich interessierten deutschen Studierenden der Theologischen Fakultät. In einem munteren Durcheinander der Sprachen ergab sich schnell eine offene Diskussionsatmosphäre. Nach einem einführenden Vortrag von Hendrik Stoppel, der die philosophischen Möglichkeiten des Umgangs mit dem ‚Anderen‘ anhand eines Textes von Emmanuel Lévinas ausleuchtete, stellten die französischen Studierenden eine von ihnen erarbeitete Präsentation zum Thema Tod in den großen monotheistischen Religionen und den damit verbundenen Begräbnisbräuchen vor. Schließlich informierte Johannes Eurich über die Bedeutung der Diakonie in der deutschen Wohlfahrtspflege und verfolgte die Änderung in deren Ansehen und dem mit ihr verbundenen Engagement in den letzten Jahren.

 

Arbeitsgruppentreffen „Prinzipien und Grundlagen des Interreligiösen“

15. Dezember 2017 – Heidelberg

 

Am 15. Dezember 2017 fand in Heidelberg das erste Arbeitstreffen der Gruppe »Prinzipien und Grundlagen des Interreligiösen« statt. Das übergreifende Thema war die Sondierung der Möglichkeiten und Herausforderungen des interreligiösen Dialogs in den verschiedenen Kontexten in Frankreich, der Schweiz und Deutschland.

Den ersten Impuls gab eine Studie von Sophie-Hélène Trigeaud aus Straßburg zu interreligiösen Initiativen in Frankreich. Dabei wurde, aus deutscher Perspektive ungewöhnlich, deutlich, dass im französischen Kontext der Anstoß zu interreligiösen Dialogen oft von den kommunalen Institutionen ausgeht. Zur Situation des interreligiösen Dialogs in der Schweiz gab Reinhold Bernhardt aus Basel einen umfassenden Überblick. Als konkretes Beispiel laufender interreligiöser Projekte stellte er der Gruppe das Haus der Religionen in Bern vor. Die Reihe der Beiträge schloss Hendrik Stoppel ab, der anhand von Materialien für den Gemeindekontext die Situation des interreligiösen Dialogs in Baden beleuchtete. Dabei fiel vor allem ins Auge, dass die Kirche in vielen Fällen in einer reagierenden Position ist, während die den Dialog erfordernden Situationen von einzelnen Personen nicht-christlichen Glaubens ausgelöst werden.

Über die allgemeinen Trends in den jeweiligen Kontexten hinaus wurde insgesamt aber auch deutlich, dass jeder Dialog sich immer im Spannungsfeld verschiedener gesellschaftlicher Interessen und Funktionen bewegt. Der übernationale Austausch, der auch verschiedene Bildungstraditionen in Kontakt bringt, innerhalb der Arbeitsgruppe ist daher ein wertvolles Mittel, sich in diesen Spannungsfeldern zu bewegen.

 

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 13.11.2018
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