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Die ethische Herausforderung der Präimplantationsdiagnostik

Institutsabend des DWI am 26.06.11

 

Einmal im Semester lädt das DWI zum Institutsabend ein, der in diesem Sommer am 26. Juni  stattfand und gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Systematische Theologie und Ethik ausgerichtet wurde. Die Teilnehmenden diskutierten mit Prof. Dr. Heinz Schmidt (DWI), Prof. Dr. Klaus Tanner (Lehrstuhl für Systematische Theologie und Ethik) und Prof. Dr. Öyvind Foss (Systematische Theologie der Universität Stavanger in Norwegen) über das Thema „Die ethische Herausforderung der Präimplantationsdiagnostik“. Prof. Dr. Johannes Eurich war durch das Consortial-Meeting des neuen europäischen Forschungsprojekts verhindert und konnte nicht teilnehmen.

Heinz Schmidt und Öyvind Foss beim Institusabend

Prof. Foss, der im Rahmen eines Forschungsaufenthalts zurzeit in Deutschland ist, führte zunächst in die Vielfalt der von den europäischen Ländern vertretenen Auffassungen und Rechtsgrundlagen zur Präimplantationsdiagnostik ein, wobei er neben der Situation in Deutschland auch ausführlich auf die Situationen in den skandinavischen Ländern einging. Als Beispiel für ein Land mit einer äußerst liberalen Position erläuterte Foss die medizinethische Rechtgrundlage Schwedens, welche sich sehr von der Situation in Deutschland unterscheidet. Das dortige Parlament hatte bereits 1995 Richtlinien zur PID erlassen, die bereits mehrfach erweitert wurden und heute die Anwendung der PID auch zur Zeugung von „Retter-Geschwistern“ und zur Diagnose der Huntington Krankheit ermöglichen. In anderen Ländern wie Österreich, Italien und der Schweiz ist die PID hingegen bis heute verboten.

Im weiteren Verlauf des Vortrags führte Foss in die medizinethische Diskussion zur PID in Deutschland ein, wobei er anhand der Stellungnahme des Deutschen Ethikrates vom März 2011 und einiger kritischer Stimmen hierzu seine eigene Position erläuterte.

Von den beiden im Deutschen Ethikrat vorherrschenden Positionen, von welchen sich die eine für ein gesetzliches Verbot der PID aussprach und die andere für eine begrenzte Zulassung, bekennt sich Foss zur zweiten Position. Die PID stellt für ihn eine ethisch vertretbare genetische Untersuchung dar, welche in bestimmten Fällen erforderlich sein kann.

Das dieser Position häufig entgegengehaltene Grundrecht des unbedingten Lebens- und Würdeschutzes eines jeden einzelnen Individuums weist Foss als Argument gegen die PID zurück. Denn dieses Grundrecht begründet nach Foss in keiner humanen Rechtsordnung die Gleichwertigkeit des sich aus ihm ergebenden Schutzes geborener Menschen und dem erst wachsenden Schutz, wie er dem vorgeburtlichen Leben zukommt. Institutsabend am 26. Juni 2012

Wo jedoch die engen Grenzen der Anwendung der PID enden, ließ Foss in seinem Vortrag offen. Diese und zahlreiche weitere Fragen der Medizinethik stehen der Philosophie, Theologie und Medizin noch bevor und benötigen eine ausführliche und vielfältige Diskussion von Wissenschaftlern und verantwortlichen Politikern.

Die an den Vortrag anschließende Diskussion fokussierte sich im Besonderen auf die von Professor Foss ebenfalls vorgestellten und sich häufig widersprechenden medizinethischen öffentlichen Positionen der skandinavischen Kirchen und der EKD. Die von ihm

und Professor Tanner für die Medizinethik geforderte „angemessene Balance“ zwischen Schädigung und Gewinn (z.B. im Umgang mit Embryonen), wird, wie besonders von Tanner festgehalten wurde, „in Deutschland blockiert“.

 

Oliver Seel

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 22.05.2018
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